sehensWert Praktika
von Sylvia Mayr, B.A., Praktikumsverantwortliche im Projekt „sehensWert“
Sogenannte sehensWert Praktika haben neben einem soliden Kernstück immer einen sehr individuellen, man könnte auch sagen ‚maßgeschneiderten‘ Mantel.
Prinzipiell geht es im sehensWert Praktikum darum, blinde und sehbehinderte Personen im Rahmen eines Berufsorientierungs- und Berufsqualifizierungsprozesses zu beraten, begleiten und zu fördern. Neben der gründlichen Auseinandersetzung mit der eigenen Sehbeeinträchtigung werden persönliche Potentiale aufgedeckt und ausgebildet, mit dem Ziel Fachkraft in eigener Angelegenheit zu werden.
Im konkreten Qualifizierungsprozess findet zunächst ein visuelles und technisches Clearingverfahren mit der Praktikantin oder dem Praktikanten statt. Beim visuellen Verfahren wird anhand der persönlichen Diagnose das aktuelle Sehvermögen mittels verschiedener Tests, in Bezug auf Fern- und Nahvisus, Gesichtsfeld, Vergrößerungsbedarf, Kontrast- und Farbsehen, Blendempfindlichkeit und Lichtbedarf bzw. Beleuchtung, ausgewertet sowie auch von der Praktikantin oder dem Praktikanten selbst eingeschätzt. Aus den Resultaten werden anschließend adäquate Hilfsmittel ausprobiert und ausgewählt. Je nach Visus kommen hier optische Sehhilfen wie Handlupen, elektronische Lupen, Bildschirmlesegeräte, Tafelkamerasysteme zum Einsatz. Beliebt sind auch Alltagshilfsmittel, wie der Milestone zum Organisieren und Diktieren, Markierungspunkte zum taktilen und der PenFriend zum akustischen Kennzeichnen von Gegenständen.
Mittels praktischer Aufgaben aus dem Bürobereich können diese Hilfsmittel zielgerichtet eingesetzt und somit Kompensationsstrategien entworfen werden. Beispielsweise werden Dokumente alphabetisch geordnet mithilfe eines optischen Hilfsmittels. Auch Softskills wie Organisation und Struktur und der Umgang am Telefon können mit praktischen Übungen und eigenen Bewältigungsstrategien verbessert werden. Überdies wird standardmäßig ein komplettes Bewerbungstraining angeboten. Darin erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem angestrebten Berufsbild oder eine Eignungs- und Interessenanalyse, woraus dann ein Bewerbungs- bzw. Motivationsschreiben und ein Lebenslauf erstellt werden kann. Zudem gibt es die Möglichkeit in einem simulierten Bewerbungsgespräch am eigenen Auftreten und an der Selbstsicherheit zu arbeiten.
Auch das iPhone bzw. Smartphone wird gerne als Hilfsmittel verwendet. Dazu gibt es bei Bedarf ein maßgeschneidertes Training im Umgang mit dieser Kommunikationstechnologie. Sollte der Bedarf hier größer sein, kann dies als eigene Rehabilitationsmaßnahme geführt werden. Dies gilt ebenso für Trainings im Bereich Orientierung und Mobilität. Diese Trainings finden, wenn sie mit dem sehensWert Praktikum oder einer anderweitig beruflichen Vorbereitung verbunden ist, zuvor statt, da in den meisten Fällen der Weg zu und von einer Einrichtung bzw. zur und von der Arbeit und zurück trainiert werden muss.
Im technischen Verfahren geht es in erster Linie um die Abklärung von EDV Kenntnissen und den Umgang mit assistierenden Technologien oder um visuelle Konfigurationen in der Darstellung am Bildschirm bzw. die Handhabung einer Vergrößerungssoftware. Letzteres erfordert einen entsprechenden Visus. Bei der Verwendung der assistierenden Technologien hingegen, sind grundlegende EDV Kenntnisse notwendig. Egal ob mit Vergrößerung und Kontrasten oder mit assistierenden Technologien, wie einem Bildschirmleseprogramm (Screenreader) und Braillezeile gearbeitet wird, letztlich geht es darum die persönliche Qualifizierung (im Bürobereich) zu gewährleisten und damit die Chancengleichheit sowie die Chancen am Arbeitsmarkt zu erhöhen.