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Innsbruck,
Musikalisch und digital fit: Blinder Jakob (13) meistert Schule in St. Johann
Jakob Strasser aus Kirchdorf besucht die Mittelschule in St. Johann. Der 13-Jährige ist von Geburt an blind. Alleine Bus fahren ist noch eine Herausforderung.
Von Michael Mader
St. Johann i. T. – Der internationale Tag des weißen Stockes am 15. Oktober wird weltweit dafür genutzt, auf bestehende Problematiken aufmerksam zu machen und für Blindheit und Sehbehinderung Sensibilisierungsarbeit zu leisten. Grund genug für Mitglieder des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Tirol (BSVT), den von Geburt an blinden Jakob Strasser in seinem Schulalltag zu begleiten.
Lesen, Schreiben und Rechnen steht heute auf dem Stundenplan des 13-Jährigen, der die vierte Klasse der Mittelschule St. Johann besucht. Unter anderem dürfen BSVT-Finanz- und Betriebsleiter Klaus Burger und Barbara Resl, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit beim BSVT, neben Jakobs Betreuungslehrerin Platz nehmen. Während Jakobs Mitschüler die Schulunterlagen in Papierform erhalten, bekommt Jakob über das Schulnetzwerk alle Unterlagen digital. „Mein wichtigstes Arbeitsgerät ist die Braillezeile“, erklärt Jakob. Sie ist ein Computer-Ausgabegerät für blinde Menschen, das Zeichen in Brailleschrift darstellt. Jakob tastet mit seinen Fingerkuppen die Zeichen ab und kann somit lesen, was auf seinem Bildschirm angezeigt wird.
Nachdem die Übungsaufgabe für die Schularbeit, das Schreiben einer Bewerbung für eine Schnupperstelle, im Deutschunterricht erklärt wurde, beginnt Jakob eifrig mit einem perfekten 10-Finger-System mit der Aufgabe. „Faszinierend, wie er die digitale Welt beherrscht und somit dem Unterricht perfekt folgen kann“, resümiert Resl.
Jakob ist ein wissbegieriger Junge, der wie viele Schüler in seinem Alter schon Vorstellungen von seinem weiteren Bildungsweg hat: Jakob kann sich vorstellen, in Zukunft in der IT-Branche Fuß zu fassen. Sein Talent dazu beweist er tagtäglich in der Schule und in seiner Freizeit. Mit technischen und digitalen Hilfsmitteln schafft er es, die digitale Welt für sich „sichtbar“ zu machen.
Doch bevor es so weit ist, hat er den ehrgeizigen Wunsch, die Matura zu machen. Neben seinen Hobbys wie Schwimmen und Skifahren ist Jakob ein leidenschaftlicher Musiker. Er spielt schon seit einigen Jahren Cello und Klavier und daher wäre das Musik-BORG für ihn eine sehr gute Adresse, um hier seine Talente einzubringen.
„Wir sind davon überzeugt, dass Jakob seinen weiteren Weg durch seine positive Art, sein sonniges Wesen und seine Zielstrebigkeit sehr gut meistern wird“, meint Resl.
Einer weiteren Herausforderung steht Jakob aber noch gegenüber. Derzeit wird er noch von seinen Eltern von Kirchdorf nach St. Johann in die Schule gebracht. „Er versucht, diese Strecke auch mit dem Bus bewältigen zu können, das ist aber aufgrund der Verbindungen nicht einfach“, erzählt Burger. Der findet nach dem Besuch auch anerkennende Worte für die Schule: „Die Betreuungslehrerin ist ja nur tagweise da, das ist auch eine Herausforderung für die Lehrer.“
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