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sehensWert Projektbeschreibung

Chancengleichheit im beruflichen Kontext bedeutet, dass Betroffene von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Kolleginnen und Kollegen als gleichwertig angesehen werden und ihr Arbeitspotential oder ihre Arbeit ebenso. Um Vorurteile rechtzeitig auszuräumen, ist es wichtig, dass Betroffene sich mit der eigenen Sehbehinderung ausreichend auseinandergesetzt haben. Kenntnisse über geeignete Hilfsmittel müssen erworben, Kompensationsstrategien entwickelt und Bedürfnisse adäquat kommuniziert werden. Daher ist der Leitgedanke, der unserem Projekt „sehensWert“ zu Grunde liegt, ganz einfach: Durch persönliche Qualifizierung stärken wir die Menschen mit Sehbehinderung bzw. Blindheit, Experten in eigener Sache zu sein. Die Betroffenen sind so den Anforderungen des Arbeitsmarktes besser gewachsen. Mit entsprechendem Selbstbewusstsein und individuellem Know-how ausgerüstet, sind sie in der Lage, eventuellen Bedenken oder Vorurteilen selbst entgegen zu wirken und ihre Chancen am Arbeitsmarkt zu erhöhen.

Der erste Schritt, den es zu schaffen gilt, ist der Weg in unsere Beratungsstelle. In einem persönlichen Gespräch werden dann Anliegen sowie Ist-Stand des Sehvermögens, der sozialen Situation und der momentanen Arbeitssituation erhoben. Gemeinsam werden eine Zielplanung erarbeitet und die dazu notwendigen Schritte festgelegt.

Je nach persönlichem Bedarf und Situation können folgende Angebote in Anspruch genommen werden:

  • Analyse der erforderlichen Arbeitsplatzausstattung
  • Unterstützung bei Bestellung, Finanzierungsmöglichkeiten und Abrechnung
  • Gespräch mit Arbeitgebern
  • Sensibilisierungsangebote für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Kolleginnen und Kollegen
  • Analyse der Arbeitsumgebung und Beratung von notwendigen baulichen Maßnahmen
  • Kurze Hilfsmitteleinschulung
  • Begleitung am Arbeitsplatz für Schulung an Hilfsmitteln und Entwicklung von Kompensationsstrategien
  • Hilfsmittelschulung im BSVT oder zu Hause
  • Langfristiges Praktikum im Bürobereich mit Zertifikat
  • Abklärung von Mobilität und Anwendung lebenspraktischer Fertigkeiten im beruflichen Kontext (bei Trainingsbedarf, Übertritt in eine Individualförderung des Sozialministeriumservice, Trainingsdurchführung erfolgt durch den BSVT)

Zukünftig würden wir gerne auch Schulungen im EDV- Bereich im größeren Rahmen anbieten, dazu fehlt uns allerdings noch die notwendige Ausstattung – Einzelschulungen sind prinzipiell möglich.

Um die oben genannten Punkte anschaulicher darzustellen, wird hier ein ganz konkretes Beispiel beschrieben.

Da Herr Karl (Name geändert) nach dem Konkurs seines letzten Arbeitgebers keinen Arbeitsplatz mehr finden konnte, wendete er sich auf Anregung einer guten Bekannten an uns. In einem ersten Gespräch wurden eine Low-Vision-Abklärung vorgenommen und mögliche Hilfsmittel in diversen Arbeitssituationen empfohlen. Diese konnte Herr Karl zwei Wochen lang unverbindlich testen. Zudem wurde ein weiterer Termin mit der Arbeitsassistenz (Arbas) vereinbart.

In einem weiteren gemeinsamen Gespräch mit einem Vertreter des Arbas wurden mögliche Berufsfelder angedacht. Wir boten Herrn Karl an, ein Praktikum bei uns zu absolvieren, um Stärken konkreter herauszufiltern und um intensiv an Kompensationsstrategien, Umgang mit diversen Hilfsmitteln und Ordnungssystemen zu arbeiten. Außerdem war es wichtig seine verbale Kommunikationsfähigkeit in Hinblick auf Bewerbungsgespräche zu trainieren. Im ersten Schritt ging es um das Bewusstmachen eigener Bedürfnisse und die Definition notwendiger Rahmenbedingungen und in einem zweiten Schritt diese entsprechend kommunizieren zu können.

Auf eigenen Wunsch waren die Einsatzbereiche im Praktikum breitgefächert. Vom Telefondienst, über Aktensuche, Einordnen, Kuvertieren von Briefen, Erstellen von Listen usw. aber auch Servieren an Seniorennachmittagen, Kochen mit selbstständigem Einkauf konnte alles ausprobiert werden. Der Vorteil war, Hilfsmittel, Strategien und Ordnungssysteme in unterschiedlichen Situationen zu testen und zu trainieren. Der geschützte Rahmen – laut Angaben eines Klienten: „Unter Menschen, die mich verstehen“ – bietet Sicherheit und die professionelle Begleitung eröffnete neue Möglichkeiten.

Herr Karl wurde nach dem erfolgreich absolvierten Praktikum in enger Zusammenarbeit mit dem Arbas an zwei weiteren Praktikumsplätzen von uns begleitet. Beide boten Herrn Karl eine Anstellung an, da er sie von seiner Arbeitsleistung überzeugen konnte. Durch die Begleitung, die vor allem in beratender Tätigkeit bestand, fühlten sich die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber entsprechend unterstützt und mögliche Bedenken konnten im Vorfeld bereinigt werden.

Herr Karl hat nun eine feste Anstellung in einem Betrieb, für den er sich entschieden hat. Dieser entspricht seinen Fähigkeiten und seine Arbeit wird als „sehensWert“ anerkannt.

BSVT-Beraterin erklärt das Programm Zoomtext am PC

Markus an der CNC-Maschine

Koch bereitet Speisen zu. Markus an der CNC-Maschine

Für den Arbeitsalltag fit machen. Im Bild Daniel Gassler, Koch, beim Herrichten von Speisen.