Hürden abbauen – Förderungen vereinheitlichen – Inklusion erreichen
Wien, 29.1.2015. Beim heutigen Pressegespräch des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Österreich (BSVÖ) im Café Landmann in Wien präsentierte der Dachverband acht konkrete Hürden, die abgebaut werden müssen, um auf dem Weg der Inklusion erfolgreich weiter voranschreiten zu können. Dieser Forderungskatalog 2015 wird von allen autonomen Landesorganisationen gleichermaßen getragen. So auch vom Blinden- und Sehbehindertenverband Tirol (BSVT). Tiroler Abweichungen werden in kursiv dargestellt.
Laut Behindertenbericht 2008 gibt es in Österreich etwa 318.000 Menschen mit einer dauerhaften Sehbehinderung. Den Schätzungen des BSVT zufolge beläuft sich die Zahl in Tirol auf 2.500 blinde und hochgradig sehbehinderte Personen. Die Zahl der davon betroffenen Menschen nimmt stetig zu und damit auch die Notwendigkeit nach Inklusion. Ein primäres Ziel stellt hierbei die Hilfe zur Selbsthilfe bzw. eine vollwertige Teilhabe an allen Lebensbereichen dar, die der BSVÖ sowie die Landesorganisationen durch individuelle Unterstützung erreichen möchten.
Aktuell arbeitet der BSVÖ nun an der Umsetzung eines Forderungskataloges für 2015. „Unsere Zielsetzung sind der Abbau vieler Barrieren sowie die Verbesserung der Lebenssituation blinder und sehbehinderter Menschen. Wir werden die Durchsetzung unserer Forderungen mit Nachdruck verfolgen“, betont Dr. Markus Wolf, Präsident des BSVÖ.
Folgende Forderungen werden dabei ganz klar definiert und in den Vordergrund gerückt:
- Barrierefreies Bauen: Materialisierte Inklusion
Hierbei gilt es ganz klar Maßnahmen für blinde und sehbehinderte Menschen gesetzlich zu verankern und praktisch zu etablieren. Sprich, Personen, die an der Planung und Ausführung barrierefreier Gestaltung beteiligt sind, müssen bereits im Vorfeld geschult werden. Denn, je weniger Barrieren es für Menschen mit verschiedensten Beeinträchtigungen gibt, desto freier und selbständiger können sie in ihren Lebensbereichen agieren. Und, desto präsenter wird letztendlich die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Das Bewusstsein für die Anforderungen blinder und sehbehinderter Menschen im Zusammenhang mit barrierefreier Gestaltung ist im Moment noch nicht ausreichend präsent. - Barrierefreie Wahl
Um einen anonymen und selbständig durchführbaren Wahlvorgang für alle wahlberechtigten Personen zu gewährleisten, muss nach Ansicht des BSVÖ noch einiges an Aufklärungsarbeit geleistet werden. Hierzu zählt beispielsweise die Gestaltung von Wahlschablonen, welche mit dem Versehen einer taktilen Beschriftung die selbständige Wahl für blinde und sehbehinderte Menschen enorm erleichtern würde. Ebenso könnte der Vorgang der Briefwahl sowie die Abgabe von Vorzugsstimmen vereinfacht werden. Auch ein barrierefreier Zugang zu den aufbereiteten Informationen sollte des Weiteren garantiert werden. - Blindenführhunde: Finanzierung sichern und Zutrittserlaubnis gesetzlich verankern
Aktuell gibt es in Österreich in etwa 120 ausgebildete qualitäts- und teambeurteilte Blindenführhunde. Die Anschaffungskosten belaufen sich hierfür auf ca. 30.000 Euro pro Hund. Die Finanzierung ist in Österreich nach wie vor nicht zufriedenstellend geregelt. Kosten können zwar zum Teil übernommen werden wobei dies jedoch keinen Rechtsanspruch darstellt. Gefordert wird hierbei ganz klar eine Überarbeitung der Finanzierungsprozesse. Blindenführhunde stellen ein hohes Maß an Sicherheit dar. Erfolgen soll daher ein uneingeschränkter Zugang zu allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. - Bundesweite Harmonisierung und Vereinfachung der Förderlandschaft
Eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der Förderlandschaft in Österreich ist eine weitere wesentliche Forderung des BSVÖ. Betroffene Personen haben nicht nur längere Wartezeiten bei der Bewilligung ihrer Förderung, es gibt auch enorme Unterschiede in den einzelnen Bundesländern hinsichtlich der konkreten Leistungen. Erwünscht werden bundesweit gültige Regelungen im Förderbereich sowie eine generelle Vereinfachung der Prozesse. - Erhöhung der Audiodeskription des ORF
Da blinde und sehbehinderte nur einen Bruchteil des ORF-Angebotes konsumieren können, fordert der BSVÖ eine Reduktion der Gebühren. Ebenso wird es als äußerst wichtig erachtet, eine Erhöhung des Audiodeskriptionsangebots voranzutreiben. Im Jahr 2013 wurden für alle 4 Sender lediglich 2,3% des Programms audiodeskribiert. - Frühförderung
Es gilt, gute Rahmenbedingungen für die Pädagogische Frühförderung zu schaffen und zu erhalten, sodass Kinder und Eltern bestmöglich begleitet und gefördert werden können mit dem Ziel einer selbstbestimmten und selbständigen Teilhabe in unserer Gesellschaft. In Tirol wird die Arbeit der Pädagogischen Frühförderung großteils über das Tarifsystem des Landes abgedeckt. Damit die Leistung der Gesellschaft aber angeboten werden kann, muss der BSVT zudem umfassende Spendengelder eintreiben. So wie der Kindergarten- und der Schulbesuch für alle Kinder vom Land Tirol voll finanziert wird, so soll auch die Frühförderung ein von öffentlichen Kostenträger voll ausfinanziertes Angebot sein. - Recht auf Persönliche Assistenz
Aktuell haben in Österreich nur jene Personen ein Recht auf persönliche Assistenz, die von einer Körperbehinderung betroffen sind. Blinde und sehbehinderte Personen können ihren Anspruch lediglich am Arbeitsplatz geltend machen. Der BSVÖ fordert hier ganz klar Recht auf persönliche Assistenz auch im privaten Bereich. Im Unterschied zu anderen Bundesländern können blinde und sehbehinderte Personen in Tirol persönliche Assistenz im privaten Bereich vom achtzehnten bis zum 65. Lebensjahr beantragen. Der BSVT fordert eine altersunabhängige Unterstützung für blinde und sehbehinderte Menschen. Es soll auch eine Beantragung nach dem 65. Lebensjahr möglich sein. - Rehabilitationstraining
Das Rehabilitationstraining gilt als eine äußerst wichtige Maßnahme um Pflegebedürftigkeit zu verhindern bzw. hinauszuzögern. Es ermöglicht Mobilität und Unabhängigkeit im Alltag, daher zählt die Finanzierungsicherheit für Rehabilitationstrainings zu den zentralsten Anliegen des BSVÖ. Schließlich lassen sich durch ein auf individuelle Bedürfnisse abgestimmtes Training viele Barrieren beseitigen. In Tirol wird das Rehabilitationstraining aktuell über das Tarifsystem des Landes Tirol abgedeckt. Es ist aber zentral, dass die Stundensätze auch in Zukunft inflationsbereinigt mindestens gehalten beziehungsweise den allgemein steigenden Kosten angepasst werden.
Der BSVT als Mitgliedsorganisation des BSVÖ
Der BSVT ist eine von insgesamt sieben Landesgruppen des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Österreich (BSVÖ). Der BSVÖ, gegründet 1946, ist Österreichs größte Selbsthilfeorganisation blinder und sehbehinderter Menschen und hat seinen Sitz in Wien.
Rückfragehinweis BSVÖ:
Präsident Dr. Markus Wolf
E-Mail: präsident@blindenverband.at
Telefon: 01 / 982 75 84 -200
Hietzinger Kai 85/DG
1130 Wien